Schwarm Stare fliegt aus dem Schilf auf

Dass ich überhaupt mit der Natur- und Wildlife-Fotografie angefangen haben, das hat mit meinem Großstadt-Koller zu tun. Nach dreißig Jahren in Berlin gehen mir die vielen Menschen hier wahnsinnig auf die Nerven, und mit zunehmendem Alter scheint es mir, als würde die Reizüberflutung immer anstrengender. Darum fahre ich raus. Raus aus der Stadt oder an den Stadtrand, raus aus den Menschenmassen und dem Alltagstrubel – so oft ich eben kann.

Es ist sicher keine neue Erkenntnis, dass die Natur einen „runter“ bringt, aber mir scheint, dass das Interesse am „Wildlife“ um mich herum (auch wenn es „nur“ gängige Vogelarten sind) noch einmal eine andere Dimension hinzufügt.

Auch wenn ich früher gerne langsam, d.h. per Fahrrad unterwegs war, so bin ich jetzt noch langsamer. Also sehr, sehr langsam. Weil ich zu Fuß gehe. Weil ich sehr, sehr langsam zu Fuß gehe. Weil ich beim Gehen immer wieder stehen bleibe und gucke, und lausche, und suche, und untersuche und warte… Es fordert so viel mehr, also einfach nur spazieren zu gehen oder eine nette Radtour zu machen.

Da ist einerseits das Lernen über die Arten, über z.B. Vogelstimmen (was wäre ich ohne meine Merlin-App!), über Gewölle und Spuren und Bewegungsmuster – aber auch über das Fotografieren, über den Blick für Hintergründe, über das Spielen mit Belichtungszeiten, über das richtige Licht und die Kamerafunktionen usw. Das Lauschen, nicht nur nach Stimmen, sondern auch nach Rascheln im Gebüsch, nach dem aufgeregten Gegacker der Gänse, wenn ein Seeadler in der Nähe ist. Und mein Blick hat sich verändert. Ich erkenne immer besser, wenn ein Schilfhalm sich nicht im Wind bewegt, oder wenn im Augenwinkel ein Eisvogel als blauer Blitz an mir vorbei fliegt.

Für all das hatte ich kaum einen Sinn. Aber ich merke, wie gut es mir tut und wie viel besser ich jetz die Großstadt wieder ertrage. Denn im Zweifelsfall kann man auch dort einmal kurz innehalten und lauschen. Und gucken.

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