Ritual oder Freiheit
The same procedere
Weihnachtsgefühl
Online Schreiben
Weihnachten und wenn die Tage länger werden
Schreiben lernen
Auswandern
Was Picasso mit mir und Corona zu tun hat
Kurze Gedanken
Nachdenkliches zum 16.04.
Allein zuhaus (Text vom 16.04.) 

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Ritual oder Freiheit

Es gibt ein Spiel, das man weiter...

im Sommer im Freien spielen kann. Eine Rolle läuft auf zwei Leinen, deren Enden jeweils ein Spieler in der Hand hat, meist in einer Schlaufe aus Plaste. Zwei Spieler versuchen die Rolle zwischen sich hin und her zu schieben. Zieht einer die Leinen auseinander, öffnet sie also, schießt die Rolle schnell auf den anderen Spieler zu, klatsch ist sie dort. Öffnet der andere auch die Leinen, kann er die Rolle abfangen, verlangsamen. Wenn beide Spieler gut miteinander ins Geschick kommen, dann läuft die Rolle in einem flotten Hin und Her über die Leinen, in der Geschwindigkeit, die beide mögen. Ein lustiges Spiel, in dem das Finden der Balance den Spaß und den Genuss bringt – erst dann kommt das Spiel ins Rollen. Ich habe es als Kind gespielt, meine Kinder haben es geübt und meine Enkel kennen es auch.
So ist es für mich mit dem Wortpaar Ritual und Freiheit. Zu viel Ritual kann zu Starre, Festgefahrensein und zur Sinnentleerung der Rituale, zu viel Freiheit zu Chaos, Unordnung und Sinnlosigkeit führen. Beides im Gleichklang – das ist Lebendigkeit im Leben.
Ich brauche Zettel mit to-do-Listen, morgens meinen genüsslichen Frühstückstisch, das Wochenende ohne Wäschewaschen, einen Wanderplan, halbwegs Ordnung im Haus. Sonst habe ich als Rentnerin Freiheit, unendlich…. manchmal nehme ich mir zu viel.
An das Spiel der Rolle werde ich jetzt oft denken. Die Stellschraube für die Geschwindigkeit, um die Balance zu finden, liegt in mir und nur in mir.

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The same procedere

Morgens am Frühstückstisch entrinnt mir ein Seufzer: weiter...

„Ach, ich möchte eigentlich keinen Weihnachtsbaum“. Wir hatten – wie so oft – gerade die neue Corona-Statistik gelesen und waren im Zweifel, ob ein Familientreffen bei uns wirklich das Gelbe vom Ei ist, schwankten zwischen JA und NEIN. NEIN bedeutete nicht – gar nichts, sondern gemeinsames Essen an getrennten Tischen mit ZOOM oder SKYPE.
Mein Mann sah mich erstaunt, entsetzt an, und ich begriff sofort: „The same procedere …“ Ich gab ihm Recht. Wie viele verschiedene Weihnachtsfeste hatte ich in meinen 71 Jahren schon erlebt? In welchen verschiedenen Zeiten wurde Weihnachten mit dem gefeiert, was die Menschen gerade hatten. Im ersten Weltkrieg trafen sich deutsche und englische Soldaten in den Schützengräben, um gemeinsam Weihnachtslieder zu singen. Unsere islamischen Bekannten werden uns Weihnachtsgrüße senden.
Von ganz allein kommt ein Lächeln in mein Gesicht: The same procedere as every year“. Ja, die gleiche Prozedur wie in jedem Jahr.

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Weihnachtsgefühl

Ich mag Weihnachten, bedingungslos, weiter...

wobei ich glaube, dass diese Liebe schon sehr früh in meinem Leben angelegt wurde. Aus sehr früher Zeit stammt dieses glänzende Licht, das mich erfüllt und wärmt.
Ich erinnere mich an den Beginn der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, noch weit vor meinem Schulbeginn 1955. Die ganze Innenstadt von Zittau war festlich geschmückt. Über den Straßen hingen von einer Straßenseite zur anderen beleuchtete Girlanden aus Tannengrün. In den Schaufenstern hingen große Kugeln und goldglitzernde Sterne. In manchen Auslagen standen kleine Schlitten, Weihnachtsmänner oder Engel im güldenen Plisseekleid. Mir ist auch so, als klängen Lieder durch die Straßen. Meine Schwester, die einen großen Rucksack auf dem Rücken trug, nahm mich zum Weihnachtseinkauf mit in die Stadt. Ein Mal war ich auch mit einem älteren Mädchen aus unserer Straße zum Bummeln dort. In einem Geschäft hat sie dann Goldband gestohlen. War ich erschrocken… das darf man doch nicht.
Wir wohnten außerhalb der Innenstadt, und dort luden die funzeligen Straßenlaternen nicht zum Weihnachtsfest ein. Es war in den 50-iger Jahren dunkel und armselig, aber das sehe ich erst heute so. Damals war alles bekannt und gewohnt. Die Fleischerei meiner Eltern war am Weihnachtstag bis in den frühen Nachmittag geöffnet. Nach dem Schließen wurden die Waren in die Kühlräume getragen, und es ging an´s Aufräumen und Saubermachen. Mit heißem Wasser, Fit und Ata wurden die Platten und Messer gewaschen. Das machte meist meine Oma, und ich konnte ihr helfen. Nur die Messer durfte ich nicht anfassen; sie waren gewaltig groß und scharf. Mit flinken Bewegungen schrubbte meine Mutter die Ladentische und mit Schrubber und Hader, wie bei uns der Wischlappen hieß, die Fußböden. Den langen Hausflur scheuerte sie sogar auf den Knien, die sie dazu auf ein kleines gepolstertes Holzbrett auflegte. Mein Vater räumte derweilen die Werkstatt auf und spritze sie mit Wasser sauber.
Am späten Nachmittag ging meine Oma mit mir in die Christnacht in unsere kleine, nahe gelegene Kirche, Bethaus genannt. Der Pfarrer sprach von der Kanzel und gemeinsam sangen wir Lieder. Es waren nicht viele Leute da, aber alle kannten sich, und der Pfarrer verabschiedete jeden Besucher herzlich mit Handschlag. Auf dem Rückweg schwärmte meine Oma von der wunderbaren Rede des Pfarrers. Ich feixte in mich hinein, denn meine Oma hörte sehr schwer und hatte sicher nichts verstanden. Das hatte mir mein Bruder erzählt. Inzwischen war es draußen stockdunkel geworden, und in den Häusern waren die Fenster schon hell erleuchtet. Oft hat es in dieser Zeit auch angefangen zu schneien, so als ob der liebe Gott schon wüsste, was zu einem festlichen Weihnachtsabend gehört.
Als wir wieder Zuhause waren, hatten meine Eltern die Plackerei gerade geschafft, waren eben fertig geworden. Nun ging es ans Baden; so wie es damals üblich war, alle im gleichen Wasser, dem Alter nach. Ich als jüngste durfte zuerst in die Wanne mit der abgeplatzten Emaille, dann meine Mutter, mein Vater und zuletzt meine Oma. Nun knisterte die Stimmung schon; es lag etwas Aufregendes und Festliches in der Luft. In der Küche war der Tisch gedeckt. Die Glasscheibe der Tür zum Wohnzimmer war mit einem Tuch zugehangen. Der Kanonenofen strahlte eine wohlige Wärme aus, und alle Lampen leuchteten. Mein Vater war in bester Laune, strahlte mit rosigem Gesicht. Meine Mutter trug zum Servieren eine weiße Schürze, reinweiß, gestärkt und ohne jede Falte. Es gab immer wunderbares Essen – weiße Wiener oder Bratwürste. Oft gab es auch Schweinskopf mit Backe, immer mit Sauerkraut und frischen Semmeln, Brötchen sagt man heute. Die guten Gläser waren aus dem Stubenschrank geholt worden. Mein Vater trank aus einem dünnwandigen Bierglas helles, meine Mutter dunkles Bier, Malzbier genannt. Meine Oma und ich, wir tranken aus den alltäglichen Senfgläsern Himbeerbrause, rot und herrlich süß. Ich war so aufgeregt, dass ich nicht hörte, was die Erwachsenen erzählten. Es war eine entspannte Atmosphäre; alles war erledigt, geschafft, wie es meine Mutter gern nannte.
Endlich gingen wir ins Wohnzimmer. Meine Augen wurden immer größer und glänzender, die Wangen immer röter. Der Weihnachtsbaum mit richtigen Wachskerzen, silbernen Kugeln, Strohsternen und ganz viel Lametta strahlte märchenhaft. Dann erblickte ich meine Geschenke – sie nahmen fast die ganze Couch ein; eine große Babypuppe, eine kleiner Puppentisch aus Holz mit 2 Stühlen, Kleidung für meine Puppe, Spiele in einer bunten Schachtel, ein Quartett und ein Buch. Ich glaube, jetzt habe ich die Geschenke aus mehreren Jahren aufgezählt. Meine Oma schenkte mir eine kleine Dose aus hellem dünnen Holz, gefüllt mit vielen Spielfiguren, allerliebst.
Ein Mal hat meine Mutter auch geweint. Sie fand, dass meine Oma zu viel geschenkt hatte, und sie konnte ihr nicht so viel schenken, weil die Steuer ihr Geld aufgefressen hatte. Darüber war sie sehr traurig.
Später schlief mein Vater auf dem Sessel ein, und meine Mutter las mir aus meinem neuen Buch vor. Wir haben auch zu dritt, mit Oma, Hütchen von kleinen Wippen auf ein Spielfeld geschossen oder metallene Fische mit einer Angel, an der Magneten waren, aus einem Karton gezogen.
Es war einer der schönsten Abende im ganzen Jahr. Ich war glücklich und voller Freude. Meine Brust war innen ganz weit und weich und meine Augen groß und strahlend. Das „Weihnachtsgefühl“ ist mir in meinem ganzen Leben geblieben.
Später waren manche Weihnachten nicht so schön. Natürlich haben meine Eltern die Fleischerei nicht allein mit meiner Oma betrieben. Es gab eine Verkäuferin, einen Gesellen, eine Reinemachefrau, eine Haushaltshilfe und eine Schneiderin. Als ich klein war, war die Welt noch in Ordnung. Später gingen die alten Mitarbeiter in Rente oder in den Westen, und neue kamen. Alle, fast alle haben meine Eltern beklaut. Selbst am 24. Dezember entdeckte meine Mutter zufällig, dass ein großer Batzen Fleisch aus dem Kühlhaus in die Tasche einer Mitarbeiterin gelangt war. So war eben nicht jedes Weihnachten schön. Auch als junge Erwachsene hatte ich nicht immer gemütliche Weihnachtstage. Das wärmende „Weihnachtsgefühl“ war jedoch immer bei mir, sogar auf Sao Miguel im atlantischen Ozean.
In zwei Wochen ist wieder Weihnachten, Weihnachten mitten in der Coronazeit. Die Vorbereitungen machen mir viel Freude….. mal schauen…..

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Online Schreiben

Online Schreiben, vernetzt schreiben weiter...

– so heißt es im Übersetzer, mit dem Computer vernetzt sein. Dieser Begriff ist uns allen schon in Fleisch und Blut übergegangen. Heute ist man einfach online, selbstverständlich.
In meinem Zimmer, meinem „Multifunktionsraum“, der nur von mir genutzt wird, habe ich alles, was ich zum Vernetzen brauche und natürlich noch mehr, was ich so brauche, meine Farben, meine Malutensilien, gemalte und leere Leinwände und alles, was das Herz einer Papierkünstlerin höher schlagen lässt. Der Büromensch hat auch seine Notwendigkeiten hier – unter der Dachschräge auf der Seite zum Fenster steht der Schreibtisch. Auf ihm thront der Bildschirm und unter ihm der Computer. Er ist das Herzstück des Büros, mein Herzstück eigentlich auch. Ich verehre ihn, obwohl oder gerade weil er der Urururenkel von dem ist, der mir meine ersten Übungen mit der modernen Technik ermöglicht hat. Lachen, Freude, Ärger, Schweiß und Tränen haben den Weg der Computer-Familie begleitet. Die Tastatur stammt wohl noch aus der Urzeit, ganz vom Anfang, denn manche Buchstaben sind kaum noch zu erkennen. So wie die Tastatur sind die Maus und der Drucker wieder über USB mit dem PC verbunden. WLAN und Drucker ist eine schwierige Kombination, also bin ich Traditionalist, verbinde wieder alles mit Kabel. Noch heute vertraue ich nur dem Computer meine Finanzen an. Kein anderes Gerät darf die PIN ´s und TAN ´s und die Kontonummern wissen, nur er. Speichern darf er aber diese Zahlen-Buchstaben-Zeichenkombinationen auch nicht. Das Fixieren übernehme ich selbst mit einem Kugelschreiber in ein Heft, dass ich sorgsam hüte und verstecke, wenn ich längere Zeit vom Haus abwesend bin. Bisher habe ich es immer wieder gefunden, Gott sei Dank. Auch amtliche und andere wichtige Mails und Schriftstücke darf mein ehrwürdiger PC verarbeiten. Er ist mein Goldstück. Das jetzige Exemplar ist neu; unser nikaraguanischer Computerspezialist hat ihn selbst zusammen gebaut. Ich glaube, mit ihm ist es wie mit den russischen Heizlüftern; sie halten alles aus und ewig.
Den Schreibtischsessel, das muss ich unbedingt erwähnen, habe ich erst kurz vor dem Ende meiner Berufstätigkeit erworben. Jahrelang habe ich mich auf einem einfachen Küchenstuhl mit Rohrgeflecht gequält, selbstlos, hahaha. Damals wusste ich schon, dass ich ihn nur noch selten benutzen werde. Er ist chic, bequem, aus schwarzem Leder, dreht sich und – ist der Lieblingsplatz unserer älteren Katze. Tagaus, tagein lümmelt sie auf ihm herum, und das sieht man ihm auch an. Wenn ich mich mal auf ihn setzen will, fange ich meinen Eroberungsfeldzug vorsichtig von der Seite her an, schiebe mich langsam zur Mitte… so erspare ich mir Krallenhiebe und Fauchen. Nach einer Weile mauzt sie und springt herunter. Sobald ich mich jedoch erhoben habe, liegt sie wieder darauf und sieht mich triumphierend an. Das schützende Handtuch lasse ich immer liegen, es ist so auch meine Sitzunterlage geworden. Hunde haben Herrchen, Katzen haben Diener. Wie wahr.
Ich sitze meist auf dem Stuhl. Quer vor dem Fenster steht ein langer Tisch, eigentlich kein Tisch, sondern eine lange und breite ausrangierte Möbelplatte auf Holzböcken. Ein kleiner, etwas niedrigerer Besteiltisch verlängert die Fläche. Auf diesem kleinen Tisch liegt mein Laptop. Er ist von HP, einer traditionsreichen Firma, hatte einen stolzen Preis, ist aber jetzt schon älter als der Computer. Auch, wenn er eine ganz guter ist, ich kann mit ihm nicht warm werden. Sein Vorgänger war mir schon suspekt. Diese kleinen Tasten, die irgendwie immer machen, was sie wollen und mir nicht gehorchen, genauso wie das Touchscreen, der Bildschirm direkt vor den Tasten – irgendwie passt es nicht für mich. Der Laptop hat aber die modernsten Aufgaben – mit ZOOM mache ich Sprechstunde, nehme an Fachtreffen und Konferenzen teil. All das hat sich erst während der Coronazeit entwickelt, mein ganzer Stolz. Kurz vor Weihnachten haben wir mit unserer Enkeltochter und unserer Urenkeltochter über ZOOM gemeinsam Mittag gegessen, war echt lustig. Als der Laptop neu war, habe ich mich eines Tages gewundert, dass innen in der Klappe ein Loch war. Noch ganz neu und schon kaputt; ich war empört. Es ist die Kamera!!! Peinlich, aber man lernt eben nie aus. Das ist, so glaube ich, der wichtigste Satz in der heutigen Zeit: Nur nicht mit dem Lernen aufhören….
Das modernste, flexibelste und handlichste Gerät ist jedoch das kleinste – mein Handy, im Moment ein HUAWEI SMART P. Ich gerate in Panik, wenn ich es auch nur für wenige Minuten nicht finden kann. Es ist ein Teil von mir, und so scheint es vielen Menschen zu gehen. Wenn ich einen Film im Fernsehen schaue, googele ich nebenbei alles, was ich zu dem Film, zu seiner Handlung, seinem Hintergrund, den Schauspielern, der Entstehung wissen muss. Unentbehrlich das Gerät. Sehe ich eine Pflanze, die ich nicht kenne, dann wird sie fotografiert und gegoogelt. Das dauernde Nachschauen wird der Entwicklung des Gedächtnisses wohl nicht hold sein. Egal, unentbehrlich das Gerät. Ich bin jedoch auch streng zu ihm; es darf keine Geldaktionen machen und keine wichtigen Nachrichten weitergeben. Da verstehe ich keinen Spaß. Schließlich könnte ich es mal verlieren und dann….Da traue ich mir selbst nicht. Das Handy mit dem Abdruck meiner Finger zu sichern, wage ich auch nicht. Es ist mir suspekt, zu modern. Mein Enkelsohn hat mir das Handy einmal mit einem Muster gesichert. Ich war mir nicht sicher, dass ich mir das merken kann, und es war schwer, die Sicherung wieder zu entfernen.
Also, das ist mein ganzes Vernetzungsarsenal. Es funktioniert. Und genau das finde ich gigantisch; ich schreibe einen Text, schicke ihn los und fast im gleichen Moment kommt er bei dem Anderen an. Ich spreche mit dem Anderen und sehe ihn. Es ist ein Wunder, für junge Leute eine Selbstverständlichkeit, für mich ein Traum.

Ich fliege mal auf der Zeitachse zurück:

Ich war schon Schulkind, Es muss so um 1960 herum gewesen sein, als meine Eltern, weil sie Handwerker waren, ein Telefon erhielten, in der DDR etwas ganz Besonderes. Es war schwarz und unförmig. Der Hörer lag auf einer Gabel und war mit dem unförmigen Kasten mit einer sich ringelnden Schnur verbunden. Die Zahlen wurden auf einer Wählscheibe eingedreht. Das Telefonbuch war dünn, weil es nur wenige Telefone gab. 3-4-7-8 war unsere Telefonnummer, die ich wohl nie vergessen werde. Als mir mein Cousin sagte, dass ich mit der 1-9-8 einmal bei ihnen anrufen solle, habe ich ihn belehrt; das sei seine Hausnummer und zum Telefonieren brauche man ein Telefon. Als Stadtkind, noch dazu 1,5 Monate älter und einziges Mädchen in der Familie stand es mir wohl zu, schnippisch und überheblich zu reagieren, dachte ich vielleicht. Peinlich heute, allerdings würden heute Zehnjährige anders über Telefonieren reden.
Nach dem Auszug aus meinem Elternhaus gab es eine lange Telefonpause. Wie oft hätte ich mir eine Telefon gewünscht und vor allem eines, mit dem man sich auch sehen könnte. Je verliebter ich war, desto größer war der Wunsch. Es gab nur die Telefonzellen; man konnte sich zu einer bestimmten Zeit verabreden. Das Gespräch wurde beim Telegrafenamt angemeldet und vermittelt; wenn das Telefon in der Zelle klingelte, konnte man abnehmen und sprechen. Die Telefonzellen waren nicht so oft zerstört wie später.
Erst, als wir Ende der 70-iger Jahre wieder in Berlin wohnten, hatten wir, meine Familie, ein Telefon. Es war laubgrün, später brombeerfarben, aber nie wieder schwarz. Überhaupt gab es mehr Telefone im Lande; die fernmündlichen Kontakte fingen an zu blühen.
Eine richtige Verbesserung sah ich im Aufkommen der Handys. In den 90-iger Jahren besaß ich eines, groß und klobig, mit kurzem Antennenstummel. Als ich kurz nach Eröffnung des Berliner Hauptbahnhofes geschlagene 90 Minuten im Zug unterhalb des Berliner Zentrums immer hin und her fahrend, verbringen musste, tippte ich viele zigmal die gleiche Telefonnummer ein. Der ältere Herr mir gegenüber schmunzelte, wohlwollend und doch amüsiert. Später erkannte ich den Grund; ich kannte die Wahlwiederholungstaste noch nicht. Naja, früher hatte ich gedacht, dass ich als Rentnerin nicht in der Lage sein werde, das Telefon zu bedienen. Nein, soweit kam es nicht, es gibt nur Teilausfälle. Damit kann ich leben. Die Handys wurden immer besser, chicer – Klapphandy und mein Clou – ein weinrot-silbernes Schiebehandy. In der gleichen Zeit hatte ich auch den ersten Computer, der die speichernde Schreibmaschine ablöste.
Im Januar 2013 waren wir in Andalusien auf einer meiner letzten Dienstreisen. Dort erlebte ich zum ersten Mal live, wie die moderne Technik die Beziehungsstruktur verändern wird. Wir saßen abends in unserem noblen Designerhotel, das die Veranstalter gebucht hatten, und aßen Abendbrot. Der große Saal füllte sich langsam. Pärchen für Pärchen kam herein, fast alle Spanier. Sie setzten sich, sprachen aber kein Wort miteinander, sondern zückten ihr Handy oder nahmen ihr Tablet und schrieben eifrig. Sie schienen sich auch gegenseitig schreibend zu unterhalten, ein leichtes Nicken oder Lachen war zu sehen. So könnte es in Zukunft überall aussehen. Schon bei meiner Freundin Manuela hatte ich erlebt, dass sie mit mir sprach und währenddessen unter dem Tisch Nachrichten schrieb. Das fand ich sehr verletzend. Heute mache ich es wohl auch, nur direkt auf dem Tisch und mit der vorherigen Ankündigung, dass es sehr wichtig sei und ganz schnell gehe. Das wird sich nicht mehr ändern. Wir sind wohl alle so ein wenig Napoleon.
Es gibt so Formen des OnlineSchreibens, die nach meinem Geschmack eher untermäßig, fast peinlich sind, aber unheimlich viel Spaß machen – über WhatsApp oder andere Kanäle Nachrichten, Fotos verschicken, Bilder weiterleiten oder einen Status erstellen. Jetzt in der Coronazeit hat dieses Gewerk Hochkonjunktur. Auf politische und pandemische Ergüsse antworte ich nicht, bekomme sie auch nicht mehr und bin froh darüber. Alles andere ist eher gutmütig, aber ich merke; es verändert die Sprache, die Kommunikation. Ein Emoji sagt mitunter mehr aus als fünf Worte. Ich denke schon in Emojis und kurzen Sätzen. Die Rechtschreibung geht verloren, weil das Handy sogar das, was ich korrekt eingebe. noch verfälscht. Meine Toleranz wird immer größer, irgendwie wird alles egal. Ob das für den Weltenlauf so richtig gut ist, wage ich zu bezweifeln.
Ein Stück Hochkultur ist für mich die Arbeit mit ZOOM, der Software für Videokonferenzen. Außer dieser amerikanischen Version gibt es sicher noch andere, die ich aber nicht kenne. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber meine psychotherapeutische Sprechstunde funktioniert auch online. Mitunter genieße ich auch den Vorteil; ich habe mehr Freiraum um mich herum, keiner kommt mir zu nahe, hustet mich an, ich kann mit den Füßen wackeln oder auf Papier kritzeln, wenn es langweilig wird. Wenn ein heftiger Gefühlsausbruch losgeht, löst das in mir nicht sofort etwas aus, sondern der Abstand, der Helfen und Denken erfordert, stellt sich leichter ein. Immer möchte ich aber nicht diese therapeutische Beziehung mit Abstand; Nähe und Verbundenheit sind mir wichtig. Videokonferenzen sind klasse. Neulich habe ich einen Link nicht kopiert und konnte nicht am anschließenden „Sektempfang“ teilnehmen, schade. Emoji mit einer Träne.
Das beste Stück Online Arbeit ist für mich unsere Schreibwerkstatt; wir treffen uns einmal im Monat auf der Chat Plattform der Bibliothek. Auch, wenn ich anfangs die Regeln nicht kannte, durcheinander brachte, mein Blutdruck stieg und meine Laune sank, habe ich noch nicht eine Schreibwerkstatt verpasst. Texte werden vorher und auch während der Zeit geschrieben. Hurra, sie werden gelesen, und es gibt Kommentare meiner Schreibkameraden. Sie bringen Schwung und Energie. Man ist gefeit davor, alles hundert Mal zu korrigieren, spontane Reaktionen sind gefragt. Am Ende des Treffens habe ich mindestens zwei eigene Texte und viele Texte meiner Kumpels, die ich auf der Plattform jederzeit nachlesen kann. Toll.
Bei allem Fortschritt – ich bleibe konservativ, in der guten alten Tradition. Ich schreibe alle Texte mit der Hand, die Verbindung von Hand, Gedanken, und Gefühlen kommt bei mir nur so zustande. Da ich es von bekannten Schriftstellern auch gelesen habe, belasse ich es dabei. Cornelia Funke schreibt mit Tintenrollern, Doris Dörrie schreibt morgens im Bett, Joanne K. Rowling hat am Cafehaustisch geschrieben….. und das ließe sich immer weiter fortführen. Wolfgang Menge hat „Ekel Alfred“ und „Motzki“ auf eine alte Schreibmaschine gedroschen. Ich mag es überhaupt nicht, hasse es nahezu, den handgeschriebenen Text in den Computer zu übertragen, aber ich liebe Kugelschreiberminen – sie müssen von allein ihre Tinte entlassen, in glatter Folge und in feinem Strich. Jede muss ausprobiert werden; es gibt keine Marke, die immer gut ist. Mit dem Kugelschreiber über das Papier zu gleiten, ist ein sinnliches Erlebnis, in dessen Rausch immer neue Worte, Sätze, Gedanken in mir entstehen und mich verändern, mich zu mir selbst führen, in das Innere hinein. So kommt das Innerste nach außen und kann später im Computer gespeichert werden, auch online zu anderen transportiert werden, wenn ich es will.

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Weihnachten und wenn die Tage länger werden

Ich glaube, ich bin ein komischer Vogel; weiter...

ich mag die dunklen Tage, die langen, dunklen und nebeligen Tage. Ich finde es behaglich, bei Wärme und Kerzen drin zu sitzen, schöne Essen zu genießen und lange Spaziergänge in der unwirtlichen Atmosphäre zu machen. Es hat so viel Gegensätzliches, so viel Spannung. Früher wollte ich immer mal im November Urlaub machen, genau aus diesem Grund. Nun habe ich als Rentner immer Urlaub… auch gut.
Eines ist mir aber wichtig – es bleibt nicht ewig so lange dunkel am Tag, früh und abends. Vor Jahren hat mir mal eine alte Dame, die – so wie ich heute – über 70 gesagt, dass es ab 21. Dezember wieder länger hell wird und bleibt. Das hatte ich zwar in der Schule gelernt, dass es der Tag der Wintersonnenwende ist, aber für mich bemerkbar schien mir es bisher nicht zu sein. Es war Schulwissen, graue Theorie. In diesem Jahr, als Frau K. es mir sagte, achtete ich darauf und merkte, es stimmt. Das hatte ich bisher nicht auf dem Schirm. Nun freue ich mich auf den 21. Dezember, den Beginn des langsamen Hellerwerdens. Schon an den Weihnachtsfeiertagen kann man es bemerken, dass es nicht ganz so düster ist.
Den Januar mochte ich früher, v.a. als Kind nicht – dunkel, kalt und si viele Tage, an denen man zur Schule gehen musste. Manchmal war kältefrei, weil die Schule keine Kohlen hatte, aber das war selten. Seit ich begriffen hatte, dass es ab 21. Dezember langsam heller wird, kann ich auch den Januar besser ertragen. Am meisten liebe ich den 1. Januar. Wenn wir an diesem Tag gleich nach dem Frühstück zu einem Spaziergang aufbrechen, liegt die Stadt noch unschuldig im Schlaf. Es ist friedlich und still. Luftschlangen, Konfetti und Böllerreste erzählen von der Nacht, der Nacht aller Nächte, die jetzt vorüber ist. Es scheint mir auch am Tag heller zu sein.
Lang ist der Januar trotzdem….
Im Februar habe ich Geburtstag. Das teilt den Monat und versüßt ihn. Außerdem ist Fasching. Der Monat ist auch schön kurz. Und dann fängt meist auch schon der Matsch auf den Straßen an, ein Hinweis auf das Frühjahr. Richtig kalt wird es oft später nochmals, bis Mitte April kann das gehen.
In diesem Jahr, 2020, war vieles anders. Es ist tröstlich, dass der Ablauf des Jahres trotzdem der gleiche ist, auch Corona wird die Jahreszeiten nicht ändern. Das zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht.

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Wie ich begann, Schreiben zu lernen…

Am 1. September diesen Jahres weiter...

war es genau 65 Jahre her. Damals begannen die Schulanfänger immer am 1. September ihre Schulkarriere. So auch ich, mit einer großen runden Zuckertüte mit den Buchstaben A B C auf einem roten Streifen und vielen bunten Bildern auf der Tüte begann ich meine Schulzeit. In einem hellblauen Kleid und einer erikafarbigen Bolero – Strickjacke, beides hatte mir mein Bruder aus dem Westen geschickt, stand ich stolz mit meiner Zuckertüte in der 6. Grundschule in der Schliebenstraße in Zittau. Das Klassenfoto wurde auf den Stufen des Schuleinganges geschossen. Lange vorher hatten wir, meinen Freundinnen und ich, mit unseren Puppen und Teddys Schule gespielt. Wir waren strenge Lehrerinnen, die Stillsitzen mit lauter Stimme verlangten.
Nun sollte der Ernst des Lebens beginnen, sagten die Erwachsenen. Naja, so kam es dann auch, und es dauerte viele Jahre, bis diese Art von Ernst aufhörte. Mir begegnete dieser Ernst schon in den ersten Wochen. Ich schrieb mit einem Griffel auf meine Schiefertafel, aber nur in den ersten Tagen. Dann durfte ich endlich ein Heft aufschlagen, ein feierlicher Augenblick. Es roch so frisch, sah weiß und rein aus und glänzte sogar etwas. Diesen magischen Moment genieße ich bis heute – ein neues Heft ist wie ein Stück neues Leben. Am Anfang malte, schrieb ich A und M und O, so wie ganze Generationen von Schulkindern. Ich schrieb auf einer Zeile hin und dann auf der nächsten wieder zurück, also im Wechsel lateinische und arabische Abfolge. Meine Mutter hat sich den Mund fusselig geredet, aber es blieb dabei. Ich war gekränkt, wenn sie in hohen, schrillen Tönen schimpfte, und kroch unter den Tisch. Heute kenne ich das von unseren Katzen; wenn sie sich schützen wollen, setzen sie sich mitten unter den Tisch, so dass man sie nicht erreichen kann. Damals brachte mir das den Ruf ein, „verträumt“, „verspielt“ und „noch nicht reif für die Schule“ zu sein, also weniger klug als Andere.
Irgendwann habe auch ich es begriffen, dass man eine Zeile schreibt und die nächste Zeile wieder in der Mitte des Heftes beginnt und ausfüllt, unter der vorherigen Zeile. In meinem Leben habe ich viel und gern geschrieben. Sogar meine Doktorarbeit habe ich mit Bleistift in karierte Hefte geschrieben.
Als ich ungefähr 55 Jahre alt war, habe ich durch Zufall herausgefunden, dass ich vom Links- zum Rechtshänder umerzogen wurde, also das „feine Händchen“ benutzen lernte. Ich ließ es von einer Expertin testen; ja, es war so. Die Balance zwischen meinen Hirnhälften ist unausgewogen. Nun fielen mir viele Schuppen von den Augen, wie man so sagt. Wo rechts oder links war, fand ich erst heraus, wenn ich mich erinnerte, wo der Löffel am Teller lag. Später hatte ich eine kleine Narbe am rechten Finger, und das machte die Bestimmung der Richtung einfacher. Noch viele weitere Details, Situationen, Gewohnheiten konnte ich mir erklären. Es ist nicht einfach, sich in der Welt der Rechtshänder, deren linke Hemisphäre dominant ist, zu behaupten. Für sie ist die Welt ausgerichtet; die Richtung der Schrift, der Lautsprecher…..
Das Wichtigste war aber – ich bin nicht verträumt; mein Denken ist eher emotional gelenkt als rational. Das ist nicht schlechter, es ist nur anders. Damit kann ich gut umgehen.
Berlin, den 03.12.2020

Auswandern

Es ist ein sonniger Donnerstag weiter...

im November 2020, mitten in der Corona-Zeit. Das Mott unseres Treffens heute heißt. „Auswandern“ oh, oh, nicht mal gern mit der S-Bahn heute…. Es scheint einen riesengroßen inneren Schritt zu kosten, sich diesem Thema anzunähern….50 Minuten habe ich noch Zeit, also gleich in den PC, Fehler bleiben einfach stehen.

Vor Jahren waren wir im Auswanderermuseum auf Sao Miguel. In den Zeiten des Hungers, als die Insel nicht mehr alle ernähren konnte, Fischfänge immer kleiner wurden, die Apfelsinenernte von Ungeziefer abgefressen wurden, habe viele Familien die Insel verlassen. Ein kleines, feines Museum ist ihnen gewidmet. Erst jetzt, wo die Teeplantagen wachsen und gedeihen, kommen viele junge Menschen wieder zurück.

Ja, das Thema geht – Auswandern und Zurückkommen. Anfang der 50-er Jahre ist mein bruder auf und davon. Damals gab es viele junge Leute in unserem Viertel. Ich war noch richtig klein. Ihre Motorräder und ihre Treffen haben mir sehr imponiert. Mein Bruder, meine Schwester und ihre Freunde sind auch nach Westberlin gefahren, tolle Röcke, schwarz mir Ananas und Orangen drauf, total bunt, Schokolade und Kakao – toll. Eines Tages hatten meine Vater und mein Bruder einen Streit: mein Vater war Fleischermeister, mein Bruder Geselle, gemeinsam waren sie auf dem Schlachthof um Fleischholen. Angeblich wegen einer Unaufmerksamkeit meines Bruders wurde ihnen eine Kalbshälfte geklaut, in der damaligen Zeit eine Kostbarkeit. Mei Vater war jähzornig, laut, nicht gewalttätig. Zwei Tage saß mein Bruder in der Küche auf der Ofenbank und hat nicht gesprochen. Dann war er weg…..Mit einem Freund ist er in den Westen. Meine Schwester und heimlich meine Mutter haben Kontakt zu ihm in Bochum gehalten. Ich habe eine „Negerpuppe“ (das Wort darf man heute nicht mehr sagen) und mein Kleid und die Strickjacke zum Schulanfang 1955 von ihm bekommen. War ich stolz. Dann war er schwer magenkrank. Meine Mutter bat ihn gegen dem Willen meines Vaters nach Hause zu kommen. Der Fleischer, bei dem er arbeitete, konnte die Operation nicht bezahlen. Mein Bruder ist nach Hause gekommen. Dr. Thumstätter, seine Tochter wird später die gleiche Schule besuchen wie ich, hat ihm in einer Operation das Leben gerettet. Es stand wohl schlimm um ihn. Er ist dann geblieben, hat geheiratet, einen Sohn bekommen und ein Haus gebaut. Von seinem Freund, mit dem er weggegangen ist, hat er nie wieder etwas gehört. Er war zur französischen Fremdenlegion gegangen. Mein Bruder hat nie mehr als Fleischer gearbeitet. Er hat LKW`s vom VEB Robur probegefahren, also noch ein wenig Ferne ……Vor 4 Jahren ist er verstorben.

Ich hatte auch eine Tante, die noch vor der Gründung der DDR nach Hannover gegangen ist. Sie hat ihr Leben lang in Hannover als Krankenschwester gearbeitet. In meinen Erinnerungen war sie immer eine warmherzige und liebevolle Frau, n. Etwa 3 jahre vor ihrem Tod ist sie wieder in die Oberlausitz zurück gekommen. Wie durch ein Wunder habe bin ich auf die Idee gekommen, sie besuchen zu müssen. Es war sehr innig und wertvoll. Kurze Zeit später ist sie verstorben. Ja, zurückgekehrt in die Oberlausitz sind einige, die in Fremde gegangen waren. Mein Klassenkamerad Bern hat in Bayern gearbeitet und lebt jetzt in der Oberlausitz.

Vor dem 13. August 1961 sind viele meiner Freundinnen, natürlich mit ihren Familien in den Westen gegangen, auch meine Russischlehrerin. Nach den Sommerferien waren sie nicht mehr da. Ich habe nichts mehr von ihnen gehört.

Weggehen ohne Rückkehr – da muss ich an die jungen Leute denken, die ich bei Ärzte der Welt kennenlernen. Eine etwa 30-jährige, seh- und sprachbehinderte junge Frau, die noch schwere Traumatisierungen erleben musste, wurde von ihrer Mutter aus dem Land geschickt. Wenig später ist die Mutter verstorben. Sie wollte ihre Tochter vor einer ungewissen Zukunft schützen. Eine ungefähr 28-jähriger Mann hat erlebt, wie sein Vater bei Auseinandersetzungen zwischen Dörfern getötet wurde. Aus Frust hat er in dem anderen Dorf Feuer gelegt. Die Menschen aus seinem Dorf habe Geld gesammelt, damit er flüchten kann. Beide sind in Deutschland, habe keine Duldung. Es ist ungewiss, ob sie sie je bekommen.

Auswandern, weggehen, zurückkommen – ein vielschichtiges Thema. Meine jüngere Tochter hat ein Mal gesagt. „Wenn meine Kinder Hunger haben, gehe ich mit ihnen dahin, wo sie etwas zu essen bekommen.“ Dieser Satz ist für mich ein leuchtende Spur in dieser Welt, in der manches einfach nur grau ist.

Kurze Gedanken

Was wäre, wenn…

Ich erinnere mich, dass ich vor fast einem ganzen Jahr im Nationalmuseum in Athen stand, in einem Raum, in dem es nur Ikonen gab, russische Ikonen aus dem 14./15. Jahrhundert. Ich war überwältigt, so viel Gold, so viel Wärme, so phantastisch. Es nahm mir fast den Atem, die Schönheit war überwältigend. Ich konnte mich nicht sattsehen…..Wenn ich doch ein wenig davon mitnehmen könnte…ich starre auf einen Fleck, den Mantel eines Mannes, Gold mit Rot und Grün.  Alle meine Kraft lege ich in den Blick.  Die Scheibe ist davor. Die Ikone ist auf Holz gemalt. Wenn meine Augen so ein kleines Stückchen herausgeschnitten bekommen könnten. Ich bettele die Ikone an: „Gib mir doch ein bisschen, ein kleines bisschen von deiner Schönheit….bitte, bitte…“ Es ist, als der Raum noch wärmer wird und alle Ikonen mir zulächeln. Nun schäme ich mich, so egoistisch zu sein und etwas nur für mich haben zu wollen, etwas so Wunderbares, dass alle sehen sollen. Ich lächele an alle Ikonen zurück und spüre, wie mich mein Lächeln freundlicher und wärmer macht. Der Raum ist ein Geschenk. Ich trage die Farben und die Faszination in mir und kann mich jetzt auch verabschieden. Die Ikonen bleiben und vielleicht….man sieht sich immer im Leben zwei Mal, heißt es….

Alles durcheinander

So liefen meine Gedanken, zuerst wohlgeordnet, Ikonen im Museum in Athen. Wunderschön, alt, alt. Dann kam die Anregung, sie zu verändern, etwas zu tun mit ihnen. Was? Schwarz-Weiß-Grafiken entstanden in der Phantasie, von Schweiß bei der Arbeit, von Kämpfen der Bauern. Die ganze Welt im Umbruch. Große Risse. Das ist nicht vereinbar. Ich überlagere alles mit Farben, versuche es wegzuwischen, Chaos kann man nicht mit Chaos beseitigen. Ich mache Kästen auf, eine für Ikonen, eine für Grafiken, eine für Farben/Malerei, und ich setze mich entfernt davon hin und betrachte die Kästen……oder Regale, große Regale, offen, ohne große Ordnung. So kann immer was hinzukommen. So liebe ich es – viele Möglichkeiten und keine Einschränkungen. Ikone, Drucke, Impressionisten, Abstraktes und und und….

Ich brauche meine Ordnung, eins nach den anderen, jedes gründlich und dann das nächste, sonst verfitzt sich alles….so ist es. Punkt.

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Was Picasso mit mir und Corona zu tun hat

Pablo Picasso  Bildnis Fernande Olivier 1909, Ausschnitt

Sammlung des Staedel Museums Frankfurt/Main weiter...

Ich durchstöbere am PC die Sammlung des Staedele Museums Frankfurt. Pablo Picasso und Fernande – das Bild fällt mir sofort ins Auge. Es hat etwas mit mir, mit der jetzigen Situation zu tun; das wird mir sofort und intuitiv klar. Ein Porträt seiner Geliebten, ersten Lebensgefährtin und Muse in so vielen Teilen, in so feinen, klaren Farben in Segmenten, die überwiegend eckig sind, viele Formen haben. Das Porträt steht in Einheit mit der umgebenden Natur. Es fasziniert mich….

So viele Segmente scheint jetzt das Leben zu haben, insgesamt in der Welt, in der Gesellschaft, in der Zeit, in der Familie. Egal, wohin ich blicke, ich sehe immer viele verschiedene Segmente…..

Am gestrigen Sonntagnachmittag kam unsere Nachbarin und war ganz erschüttert, weil ein kleiner nackter Vogel aus dem Nest und ihr vor die Füße gefallen war. Wir sahen ihn uns gemeinsam an; er lebte noch und sperrte immer wieder den Schnabel weit auf. Wir begaben uns in Deckung und warteten ab, ob sich seine Eltern ihm nähern würden. In den vergangenen Tagen mussten wir schon erleben, dass das Nest der Stare auf dem Strommast geplündert worden war; egal, wer es war, Tauben oder Krähen oder… Ein Star schilpte herzzereißend laut, flog dann weg, und ich habe ihn nicht wieder gesehen. Schade. Seit drei Jahren wiederholt sich in jedem Frühjahr dieses Drama. Im nächsten Jahr werden wir in unserem Kirschbaum, der neben dem Strommasten steht, einen Brutkasten für Stare anbringen. Vielleicht nehmen sie ihn an. Unsere Nistkästen für Meisen sind heiß begehrt und bewohnt.

Nun war da dieser kleine nackte Vogel, der voller Lebensenergie zu sein schien. Nach über zwei Stunden hat sich noch immer nichts getan; seine Eltern waren nicht gekommen. Am späten Nachmittag rief unsere Nachbarin an und berichtete, dass sie gegoogelt und den kleinen Vogel zu sich genommen hatte. Katzenfutter nehme er auch, ein kleiner Korb sei gut für ihn. Da sie am Montag arbeiten musste, wollte sie den Vogel zu uns bringen. Zuerst waren wir voller Abwehr, nein, wir hatten Angst, es nicht zu schaffen und…..wie soll das gehen….Als sie ihn uns kurze Zeit später bringt, gewinnt er mit dem Aufsperren seines kleinen breiten Schnäbelchens sofort unser Herz. Wir üben, ihn zu füttern, vorsichtig mit einem Holstäbchen. Er hält es mit seinem Schnabel richtig fest und saugt das Futter in sich hinein. Wir stellen eine Rotlichtlampe auf und erproben, wie weit sie von ihm entfernt sein muss, damit es warm, aber nicht zu heiß ist. Aller 15, 20 Minuten füttern wir ihn, 23 Uhr das letzte Mal. Dann wird er ruhiger und scheint schlafen zu wollen. Am nächsten Morgen atmet er und schlägt mit seinen kleinen Flügelchen. Er hat aber nicht mehr die Kraft, den Kopf zu heben. Wenig später sehen wir keine Atembewegungen mehr. Wir bereiten ihm eine würdige Erdbestattung. Ich muss weinen…die Tränen kommen von ganz innen, aus dem Innersten meiner Seele. Ich mag diese Trauer, die mich mild und sanft stimmt und viele Erinnerungen an meine Lieben, die ich in den letzten Jahren verloren habe, hervorholt. Ein warmes, helles Blau scheint sich in mir auszubreiten, das gleichzeitig wärmt und kühlt und viele Gefühlstöne in sich beherbergt, Liebe ebenso wie Angst, Ärger und Trauer, Verlust.

Diese innere Stimmung hat mich an dem Bild von Picasso angezogen. Seine geliebte Fernande konnte er in den vielen sanften und klaren Farben, in vielen Tönen, Schattierungen sehen, mit Abgrenzungen zwischen den Teilen. Wunderbar. Es macht Mut, mich und jeden meiner Lieben in dieser Vielfalt, den Harmonien und den Abgrenzungen in sich sehen zu lernen. Das Bild öffnet die Seele und hilft mir, mich zumindest zeitweise von den Oberflächlichkeiten, von den schrillen, grellen und schnell wechselnden Weltsichten in dieser Corona-Zeit zu entfernen und eine differenzierte, warme Sicht auf mich und meinen Lieben zuzulassen und zu spüren. Während ich das schreibe, schnarcht unsere Katze Lilly – Lilly, mein Schatz, nenne ich sie – laut und gleichmäßig neben mir. Ja, das Leben ist gut und geht immer weiter.

 

Allein zuhaus

Marianne trällert lustig vor sich hin. weiter...

Sie fühlt sich voller Freude. Die Zeit scheint unendlich zu sein; es gibt keine Grenzen, keine Verpflichtungen, herrlich. Einkaufen gehen sie ein Mal in der Woche; das reicht vollkommen.

So gern sie Besuch hat, ist es jetzt aber auch schön, dass niemand ihr Haus betritt. Staub wird gewischt, wenn sie Lust dazu hat… und das ist so oft nicht. Sie kocht gern so einfach aus dem Handgelenk, für ihren Mann und sich, nicht für viele Gäste.

Sie traut sich das kaum auszusprechen: Es ist auch mal allein ganz schön. Sie muss nur aufpassen, dass keine großen Lücken aufkommen, in denen sie nach unten rutschen könnte. So hat sie in der Küche einen großen Zettel, auf dem alle Vorhaben der nächsten Wochen und Monate geschrieben sind, unsortiert und völlig durcheinander….In Momenten, in denen die Langeweile oder gar Alleinsein oder gar Einsamkeit aufkommen wollen, schaut sie auf diesen Zettel und träumt, wie es wäre, wenn sie das und das mache würde.. Manches hat sie schon angefangen. Sie hat 2 abstrakte Bilder gemalt, die jetzt im Bad hängen. Kein Mensch hängt Bilder ins Bad. Sie muss lachen. Sie ist so gern albern und macht ungewöhnliche Dinge.

Gestern hat sie ihren neuen TV Fire Stick bekommen. Der Nachbar hatte schon den Staat und alles verflucht, weil sie so lange auf den Stick warten musste; er wollte ihn installieren. Als sie ihn in der Hand hatte, hat sie ihn sofort selbst installiert. Riesenfreude. Er hat auf Anhieb funktioniert. Hätte sie sich selbst nicht zugetraut. Da wird der Nachbar staunen. Überhaupt ist ihr jetzt aufgefallen, dass sie mutiger geworden ist – es ist keiner da, den sie fragen kann. Ihren Ehemann kann sie fragen, macht sie auch, aber er bevormundet nicht und sagt auch mal, dass er etwas nicht weiß.

Heute hat sie sich vorgenommen, ihr Fliesenprojekt, das sie vor zwei Jahren begonnen hat, wieder aufzunehmen. Sie will so ca. 30 kleine Fliesen selbst aus Keramik machen und damit einen Tisch belegen. Sie war damals schon fast fertig, als sie bemerken musste, dass die Fliesen nicht eben waren. Weinen hätten sie können. Sie schrieb damals eine Fachfrau an, die ihre Arbeit lobte, aber sagte, dass die Fliesen zu dünn waren. Also, alles noch mal von vorn.

Heute soll es losgehen, sie hat es zu lange, weit über ein Jahr vor sich hergeschoben. Die unebenen Fliesen hat sie zu ihrem 7o Geburtstag an Gäste verschenkt und jetzt ist sie schon eine Weile 71 Jahre alt. Also, Arbeitsklamotten an und ran an den Ton…. Voller Schwung… es wird dauern…Irgendwie spürt sie in letzter Zeit oft Freude in sich; durch weniger Kontakte hat sie vielleicht mehr Draht zu sich, überlegt sie. Bloß nicht das schöne Gefühl zergrübeln; gut, dass es da ist.

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Nachdenkliches zum 16.04. (Hausaufgabe)

Die neue Aufgabe weiter...

der Schreibwerkstatt steht im Raum; eine Figur entwickeln und sie in einem wichtigen gesellschaftlichen Prozess begleiten. Nein, da weint meine geschundene Seele. Es ist so viel im Umbruch, so viel in Bewegung, dass ich es weder bei anderen Menschen beobachten kann, noch mein eigens Inneres auf andere projektieren kann. Es ändert sich gerade nicht nur die Realität, es verändert sich auch das Umfeld. Freunde glauben Fake News, Unbekannte bekennen sich zur Realität, so wie ich sie begreife. Ich gebe mir Mühe, meine Ansichten und meine Stimmungen in Worte zu fassen; mehr ist nicht drin, beschließe ich.

Am Samstagmorgen entdeckte ich bei WhatsApp viele Statusmeldungen, die sich ähnelten – es waren Kinderfotos meiner Freunde, Verwandten und Bekannten. Sie zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht. Nur wenig später forderten mich Birgit und Sandra, die zu meinen engsten Verwandten gehören, auf, auch ein Foto aus meiner Kindheit in den Status zu setzen und dazu zu schreiben: „Herausforderung angenommen.“ Dabei war jedoch der dringende Hinweis, es auf alle Fälle zu tun, um den Lauf des Kettenbriefes nicht zu unterbrechen. Alle Signale in mir, in Körper, Geist und Seele gingen auf Alarm – Kettenbriefe waren gefährlich. Das wusste ich noch aus meiner Kindheit, als Kettenbriefe, die noch aus Ansichtskarten bestanden, gefährlich waren und verboten wurden. Sie könnten die Post überfordert oder wen auch immer…..Hinzu kam – Bilder aus der Kindheit….das macht doch was in mir, wenn ich sie ansehe und versende. Der Gedanke kam: Mich will jemand verändern, mich regredieren lassen. Ich sollte mich wie ein Kind fühlen und verhalten. Nein, so nicht, keine Regression. Entschlossen streckte ich das Kinn vor und stellte beide Füße fest auf den Boden. So nicht. Keine Manipulation.

Die Fotos der Anderen waren aber so hübsch. Ich könnte doch auch…..so ganz ignorieren müsste ich die Aufforderung vielleicht nicht. Behende kletterte ich in viele Winkel des Hauses, suchte mein blaues Fotoalbum aus Kindertagen. Es lag ganz ruhig im Regal meines Arbeitszimmers; da hätte ich es nie gesucht, so nahe. Schnell hatte ich ein Foto auserkoren – 4 Jahre alt, in einem blau-weiß gepunkteten Kleid, dessen Stoff ich richtig zwischen meinen Händen spüren konnte, weich und etwas grob. Ich hatte eine Tolle auf dem Kopf, mit einem Kämmchen gesteckt. Der Pony ging an einer Seite ein wenig himmelwärts, wie immer.  Mein ganzes Gesicht strahlte, nicht nur die Augen. In meinen Händen hielt ich einen kleinen braunen Teddy, den ich liebevoll fast zerdrückte. Es sah so lieb, so friedlich aus, dieses Foto. Dieses Gefühl, dass es jetzt in mir auslöste, kannte ich aus frühen Tagen und auch aus heutigen, Es ist eines meiner Lieblingsgefühle; es ist so weich und breit, erfüllt und wärmt mich. Herrlich.

Ich beschloss, dieses Foto doch in WhatsApp zu teilen. Ich setzte es in den Status, sendete es an fünf meiner engsten Verwandten und nahm es als Profilbild. Ich freute mich über meinen Mut. Inzwischen boomten die Kinderfotos allerdings schon tüchtig, bei WhatsApp und bei Facebook. Andere waren schneller und mutiger, ich bin nun mal vorsichtig. Und schwupp – vier Freunde, von denen ich sonst nur selten hörte, teilten mir völlig unaufgefordert ihre Freude über mein Profilbild mit.

Langsam änderte sich meine Haltung; ich fand es lustig, amüsant, so viele Fotos aus Kindertagen zu sehen. Ich staunte nicht schlecht, wie hübsch und kraftvoll, wie lustig und freundlich wir als Kinder und Jugendliche waren. Zu erkennen waren alle noch, und manche Fotos kannte ich auch aus Kinderzeiten. Eine tolle Idee, das Osterfest etwas leichter und wärmer zu machen, Schalen um die Seelen aufzubrechen und wie Ostereier abzupellen. Es kommt Helles und Schmackhaftes darunter hervor. Wunderbar.

Tja, Manipulation oder einfach Freude?

Mein altes Bild vom Wesen von Kettenbriefen, vom Anschub einer Bewegung, die viele ergreift und aktiv werden lässt, ist in Frage gestellt. Irgendwie gefällt mir die Aktion auch. Komisch ist, dass sie so schnell wieder abebbt, wie sie gekommen ist. Schön war´s.

Aber: Vorsicht ist noch immer die Mutter der Porzellankiste.

27 Gedanken zu “Schreibwerkstatt_Christine”

  • Das hast du sehr schön beschrieben und ich kann es so sehr nachvollziehen, da der Kettenbrief bei mir eine ähnliche Reaktion hervorrief aber die eingestellten Fotos mich einfach nur glücklich machten.

  • Liebe Christine, deine Vogel-Geschichte gefällt mir sehr. Wie du den Bezug zu Picasso findest, stimmt mich nachdenklich. Wie so scheinbar unbedeutende Ereignisse, den Wirbel um Weltgeschehnisse in den Schatten stellen. Weil die kleinen Dinge einem jetzt noch viel näher sind und eine (Zwangs-)Ruhe eingetreten ist, in der auf einmal die leisen Töne hörbar werden. Obwohl sie ja sonst auch da waren. Hättest du sonst so viel freie Zeit gehabt, um sich um so ein kleines Ding zu kümmern?

  • Danke, liebe Petra. Der genaue Blick auf Details, auf Stimmungen war aus meiner Sicht nur durch die Vollbrensung möglich. Im alltäglichen „Wahnsinn “ wird nur geradeaus und schnell geguckt. Mir hat die Entschleunigung und die Wachheit durch die Veränderung sehr gefallen. Vielleicht hätte meine Nachbarin den kleinen Vogel gar nicht gesehen, wenn sie in Eile gewesen wäre. Sein unbedingter Lebenswille hat mich sehr beeindruckt. Er war wohl noch zu klein; es konnte nicht glücken. Der Text ist spontan an diesem Morgen und in dieser Stimmung entstanden …Jetzt wird die Gesellschaft wieder schneller…..ob sich die guten Dinge halten werden…

  • Liebe Christine, deine Betrachtungen über Picasso haben mich sehr nachdenklich gemacht – über Farben und Formen.
    die Vogelgeschichte ist einfach nur rührend und Tränen sind manchmal eine Seelenwäsche.
    Gruß Christa

  • Vor Ikonen habe ich ziemlichen Respekt. Gut, dass es dir auch so am Ende kam. Dein schlechtes Gewissen. Ikonen werden in sehr aufwendigen Arbeitsschritten hergestellt. Eine hohe Kunst. Natürlich sehr schön anzusehen. Aber der Wunschnach einem winzigen Stückchen davon… hast du gut geschrieben.

  • Du hast das Thema sehr vielschichtig beleuchtet, es gibt ja so viel Gründe auszuwandern … Die wenigsten machen es aus Spaß.
    Natürlich, das geteilte Deutschland, daran hatte ich gar nicht gedacht. Das war oft auch etwas endgültiges ohne Rückkehr obwohl es den Vorteil der gleichen Sprache hatte.
    Am meisten hat mich der Satz deiner Tochter beeindruckt, der sagt eigentlich alles.

  • von Anette
    Mir haben deine tatsächlich erlebten Leben gefallen.
    Wenn man tatsächlich, Menschen kennt, die eine Reise in andere Welt gewagt haben, ist das noch viel beeindruckender.
    Ich kann davon nicht berichten.
    Aber ich lese auch, dass diese Menschen meistens wieder zurück gekehrt sind. Jeder mit anderen Hintergründen.

  • Liebe Christine, dein Text erzählt mir in der Art wie du es aufgeschrieben hast, von einer Zeit, wo alles im Umbruch im Aufbruch war. Jeder hat seine neue Heimat gesucht. Auf deren Suche haben viele wohl dann entdeckt, wo ihr Zuhause ist.

  • schreiben…
    Wie ich merke haben wir ähnliche Erfahrungen mit der Schiefertafel…
    Aber du kannst dich an so viele Einzelheiten in den ersten Schultagen erinnern, das ist ein großer Schatz…
    Das mit dem „feinen Händchen“ kenne ich von meiner älteren Schwester, sie wäre in ihrer Kindheit fast daran zerbrochen. Erst nach ihrer Rückschulung fand sie ihren Platz im Leben.

  • Liebe Christine,

    es liest sich, als ob ich deine Zeit miterlebe. Und wie genau du noch viele Details kennst, verblüffend.
    Dieses Spüren des neuen Heftes, das zeugt von einem bewussten Empfinden.
    Ob die Schüler das heute auch noch so erspüren?
    Ich liebte die Hefte, die ich mit dem Westpäckchen bekam. Sie waren bunt und ansprechend außen mit
    Bildern bedruckt. Sie waren fast zu schade, hineinzuschreiben. Menschen, die emptional denken, stehen
    mir sehr nahe. Man spricht ohne Worte und versteht sich.
    ;rm

  • Liebe Christine, du kannst dich so schön an die vielen Details erinnern. Wie das alles begann. Wunderbar. Die frühe Konditionierung hat sicher einige Menschen umfunktioniert. Das strenge Schulsystem ließ so manchen kreativen Zug im Verborgenen. Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten, den Kindern die grundständigen Dinge wie rechnen und schreiben auf unterschiedliche Weise beizubringen. Ich finde, dass es schon wieder zu sehr gefächert ist. Überangebot. Man sollte ein paar grundsätzliche Lernziele festlegen.
    Aber deine Texte werden wirklich im besser.

  • Liebe Christine, wow, wie oft man das hört – dass Menschen umerzogen wurden von links auf rechts, was für eine unnötige Quälerei! Und welch kluge Logik, dass man im Kreis schreibt, rechts hin und links zurück. Komplett nachvollziehbar. Ein schöner Erinnerungstext.

  • Liebe Christine. Dein Text ging mir sehr Nahe und hat mich an den Küchentisch zurück versetzt wo ich immer und immer wieder den selben Text lesen musste bis alles flott und fehlerfrei war. War wirklich schön.

  • Liebe Christine, sehr schön beschrieben das dunkle, heimelige und kuschelige in dieser kalten Jahreszeit. mir fällt gleich ein Bild dazu ein und ich bekomme Appetit auf Glühwein …
    Deine Aussage, Corona kann nicht alles verändern, ist tröstlich und stimmt mich zuversichtlich!

  • So ein schöner Weihnachtstext! Ich bin auch so ein komischer Vogel, der sich erst richtig wohl fühlt, wenn am Schreibtisch die Lampe angemacht werden muss und es am besten schön auf das Fensterbrett tröpfelt. Wunderschön ge- und beschrieben!!!

  • Hallo Christine, ganz gleich, was das Jahr mit uns gemacht hat, Traditionen und Rituale sollten
    in unseren Köpfen bleiben, auch wenn wir auf Dieses und Jenes verzichten sollten oder müssen.
    In diesen Tagen, die anders sind, bleiben uns die Erinnerungen an die guten, erlebten Tage.

    Der Dezember verzaubert mit den Kerzen und Lichtern. Das ist schön.
    Ich mag den Januar überhaupt nicht. Und der kommt noch.

  • Liebe Christine, ich finde auch, jede Jahreszeit hat was eigenes Schönes. Gerade diese Zeit der Lichter ist so anheimelig. Jetzt wo dieser kaufrummel ausbleibt. Ich habe so große Lust zum Schreiben bekommen.

  • Online Schreiben

    Liebe Christine, immer dazu zu lernen und immer weiter im Lernen sein, das ist auch für mich immer das wichtigste. Es erfüllt mich. Ich bin auch ziemlich stark und vielseitig digital vernetzt. Und doch werde ich immer meinen Füllhalter ehren. Ganz besondere Texte in ganz besonderen Momenten schreibe ich mit dem Füller. Sogar verzaubernd mit grüner Tinte.
    Das hast du sehr nah und mit vielen kleinen Details beschrieben. Ich sehe dich in deinem Atelier sitzen und du verlierst trotzdem nicht den Blick nach draußen.

  • online schreiben
    Liebe Christine, danke das ich durch deine Augen und Worte dein Zimmer „online“ betreten durfte. Ich glaube, ich würde mich dort zurecht finden dank der genauen Beschreibung. Aber ob ich mich auf den tollen Stuhl wagen würde, weiß ich nicht. Katzen mögen mich nicht so… oder umgekehrt… ?
    Du kannst sehr gut Dinge für andere erlebbar machen.
    Und wenn der Kugelschreiber über das Blatt flitzt und Seite um Seite mit Buchstaben füllt – ein unbeschreibliches Gefühl

  • Liebe Christine, was für ein Ritt durch die technische Entwicklung! Und man bekommt den Eindruck (und so geht es mir auch), dass jedes Gerät seinen eigenen Charakter hat, seine Macken und Eigenheiten – und erst wenn es nicht so funktioniert, wie es soll, merkt man, wie abhängig man davon ist.
    Und wow, dass du dich auf Beratungssitzungen per Zoom einlässt! Einige meiner Kolleginnen sperren sich ja total, aber die Herausforderung anzunehmen lohnt total. (Ich habe Weihnachten per Zoom mit meinen Eltern per Zoom zusammengesesseh, und am 2. war die Familie mit Bruder und Nichten verbunden – wann schafft man es sonst mal, dass alle zusammen kommen?).
    So schön flüssig geschrieben, ich war bei deinem Gedankenfluss jederzeit voll dabei!

  • Liebe Christine, wunderbar, wie du über dieses Kinderspiel mit der Rolle schreibst. Ein sehr plastischer Vergleich mit dem Wechsel von Freiheit Und Ritual. Oder Freiheit und Pflicht und Ordnung.
    …….
    Auch sehr einfühlend mit dem Procedere wie jedes Jahr. So war es in meiner Familie auch. Wir haben das wie immer gemacht.

  • online schreiben
    Liebe Christine, danke das ich durch deine Augen und Worte dein Zimmer „online“ betreten durfte. Ich glaube, ich würde mich dort zurecht finden dank der genauen Beschreibung. Aber ob ich mich auf den tollen Stuhl wagen würde, weiß ich nicht. Katzen mögen mich nicht so… oder umgekehrt… ?
    Du kannst sehr gut Dinge für andere erlebbar machen.
    Und wenn der Kugelschreiber über das Blatt flitzt und Seite um Seite mit Buchstaben füllt – ein unbeschreibliches Gefühl
    Die geschichte zu deinem Weihnachtsgefühl ist einfach nur umwerfend. Es bringt so viele verlorengegangene Emotionen zurück. DANKE

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